Mittwoch, 3. Februar 2016

Review: The Hateful Eight (70mm Fassung)

The Hateful Eight (70mm Fassung)


Der Meister der Dialoge schlägt wieder zu. Nachdem er bereits mit Django Unchained einen Ausflug ins Western Genre gemacht hatte, begibt er sich mit The Hateful Eight nun erneut auf diese Reise.  Doch das nur auf den ersten Blick, denn wer genauer hinschaut erkennt, dass Tarantino mit seinem neusten Streich vielmehr ein Crossover aus Western und seinem Erstling Reservoir Dogs erschaffen hat. Aber kann das 3 Stunden Epos auch überzeugen? Oder ist zu ambitioniert und verzettelt sich dabei? Nach den folgenden Zeilen werdet ihr es wissen!

John „Der Henker“ Ruth ist auf dem Weg nach Red Rock, um das Kopfgeld für Daisy Domergue einzukassieren. Und wie jeder weiß, wird sie hängen, denn wenn der Henker dich kriegt henkst du! Auf seiner Tour durch das verschneite Wyoming, trifft er auf Major Marquis Warren und Chris Mannix, den zukünftigen Sherriff von Red Rock. Nach anfänglicher Skepsis entschließt er sich, die beiden mitzunehmen. Auf Grund eines Schneesturms sieht sich die Truppe veranlasst einen Stop in Minnies Miederwaren einzulegen. Doch sie sollen nicht die einzigen sein, die dort Rast machen! Im Laden selbst gibt es keine Spur von Minnie oder ihrem Mann Sweet Dave, dafür warten dort Oswaldo Mobray, Joe Gage, Senior Bob und General Sandy Smithers auf die vier Neuankömmlinge. So sind diese acht Fremden nun gefangen in dem Laden und bald schon stellt sich heraus, dass nicht alle mit offenen Karten spielen!


Die Story von The Hateful Eight liest sich auf dem Papier grandios. Zumal es Tarantino erneut gelingt, seinen Figuren Leben einzuhauchen. Jeder hat eine eigene Geschichte, Vergangenheit und seinen ganz eigenen Gründe, warum er an jenem Tag Minnies Miederwaren besucht. Dabei schafft er es auch, dass man als Zuschauer immer wieder ins Grübeln gerät, ob denn wirklich alles stimmt, was die einzelnen Personen so erzählen. Tarantino erschafft somit eine tolle Parallele zu seinem Erstling Reservoir Dogs, was spätestens dann klar wird, wenn sich die Geschehnisse nur noch in Minnies Miederwaren abspielen. Dennoch ist auch genau hier der größte Kritikpunkt zu finden. Die tolle Einleitung in der Kutsche, als dem Publikum John Ruth, Daisy Domergue, Major Marquis Warren und Chris Mannix vorgestellt werden, weiß auf Grund der wunderschönen Szenerien im verschneiten Wyoming gepaart mit der stimmigen Kutschfahrt zu gefallen. Doch wenn die Truppe nach gut 45-60 Minuten in Minnies Laden ankommt, werden die Dialoge etwas schwächer und das Erzähltempo stagniert ein wenig. Erst kurz vor der Pause, welche nur in der 70mm Fassung in den Film integriert wurde, doch dazu später mehr, zieht der Film merklich an. Eben jene Szene, die auf Grund von Spoilern nicht näher definiert wird,  gehört zweifelsohne zu einem der Highlights des Films und im Schaffen von Samuel L. Jackson, welcher hier vielleicht eine seiner besten Darbietungen abliefert! Nach der Intermission zieht der Film dann merklich an und es gelingt Tarantino ein wahres Feuerwerk abzuliefern. Tolle Twists und ein grandioses, actionreiches Finale sorgen für Freudentränen bei Tarantino Fans, welches für die etwas langatmige erste Hälfte entschädigen. 


Die Darsteller selbst sind durch die Bank grandios. Einzig Samuel L. Jackson muss man besonders hervorheben, da er hier wirklich eine Glanzleistung abliefert. Eigentlich hätte er dafür einen Oscar verdient, zu schade, dass das die Academy das anders gesehen hat. Aber auch Kurt Russell, Michael Madsen, Walton Goggins, Tim Roth und Jennifer Jason Leigh überzeugen von der ersten Sekunde an. Channing Tatum passt erfreulich gut in den Film und kann mit einer kurzen Rolle punkten. Leider kann ich bisher nur etwas zur deutschen Synchronisation sagen, welche in meinen Augen ein wenig über das Ziel hinaus geschossen ist. Dies wird besonders bei Walton Goggins Charakter des Chris Mannix deutlich. Es ist einfach ein wenig zu viel, wenn man versucht, den Südstaaten Akzent in der deutschen Sprache einzufangen. Wie bei allen Tarantino Filmen, sollte man auch dieses Werk nach Möglichkeit in der Originalfassung genießen.

Musikalisch passt der tolle Score von Ennio Morricone wie die Faust aufs Auge. Selten konnte ein Tarantino Werk mit einem solch epochalen Soundtrack aufwarten und Morricone hat zu Recht dafür einen Globe erhalten dürfen. Interessanter Weise  recycelte Tarantino dabei einen Track aus dem Score von Der Exorcist 2, welcher gemeinhin als einer der schlechtesten Filme aller Zeiten gilt. Eben jenes Lied passt aber grandios zu dem Setting von The Hateful Eight und zeigt erneut, dass Tarantino einfach immer wieder mit einer grandiosen Auswahl für seine Filme aufwarten kann. Aber auch die restlichen, neukomponierten Stücke gehen ins Ohr und definieren das Genre Western perfekt!


Kommen wir nun zu der 70mm Fassung, welche in nur 5 Kinos im deutschsprachigen Raum zu sehen ist. Diese Fassung wartet zu Beginn mit einer Overtüre des Scores auf. Für heutige Kinogänger wirkt das schon fast befremdlich, da man bei geschlossenem Vorhang dem Score lauschen darf. Des Weiteren profitiert der Film von dem doppelt so großen Bild, da die 70mm im 2:76:1 Format gezeigt wird und somit deutlich mehr Bild zu bieten hat. Das macht sich besonders in den tollen Naturaufnahmen bemerkbar, aber auch einige Szenen in Minnies Miederwaren liefern so mehr Information ab. Ein weiteres Highlight ist die Intermission, welche als Pause fungiert. Nach 20 Minuten setzt der Film wieder ein und das Publikum bekommt dann eine Art Rückblende spendiert, in welcher man erfährt, was in den letzten 15 Minuten passiert ist. Zudem berichtete Tarantino, dass nur in dieser Fassung die Kameraeinstellungen länger gehen. So wird beispielsweise in einer Szene für 2 Minuten nicht geschnitten, die reguläre Kinofassung hingegen setzt hier bereits nach 40 Sekunden einen Cut. Tarantino entschied sich dafür, da es auch in den alten 70mm Filmen oftmals lange Einstellungen gab, die aber in der Neuzeit in Vergessenheit geraten sind, weshalb er sich bei der Kinofassung für einen schnelleren Schnitt entschied. Eine genaue Aufstellung der einzelnen Unterschiede liegt bisher nicht vor, welches sich wohl spätestens zum DVD-Release ändern wird. Fraglich ist allerdings bis heute, ob es die 70mm Fassung jemals auf eine Heimkino Veröffentlichung schaffen wird. Man kann aber nur hoffen, dass sich Tarantino dafür entscheiden wird, da der Film einfach für dieses Format gemacht wurde.

Für Fans von Taratino gibt es zudem einige tolle Anspielungen. So raucht Minnie beispielsweise den bekannten Red Apple Tabak. Zudem gibt es einige Anspielungen an den Erstling Reservoir Dogs, welche aus Spoiler Gründen nicht im Detail beschrieben werden. Darüber hinaus wird erneut einem Charakter direkt in die Eier geschossen, dies in der englischen Originalfassung sogar fast mit den gleichen Worten, wie in Inglorious Basterds. Samuel L. Jackson hat bereits vor Release bestätigt, dass in zwei Szenen, Anspielungen auf Django Unchained zu finden sind. Zum einen sitzt Major Marquis Warren zu Beginn auf einem Berg Leichen, sowie einem Sattel. Eben jener Sattel gehörte ursprünglich Django. In Minnie Miederwaren kann man zudem die Jacke von Django sehen. Genau diese kleinen Anspielungen sind es, die Tarantino Werke für Fans immer wieder zu einem Erlebnis machen!


Fazit: The Hateful Eight ist erneut ein grandioses Tarantino Werk geworden, wenngleich die etwas zähe erste Hälfte für Abzüge in der B-Note sorgt. Wäre der Film gut 30 Minuten kürzer, hätte sich eben jene Sättigung des Publikums sicherlich nicht eingestellt und der Fluss wäre angenehmer gewesen. Die zweite Hälfte weiß allerdings für offene Münder zu sorgen und die cleveren Twists sind es, weshalb man noch lange über den Film reden wird. Eine grandiose Cast, ein epochaler Score und tolle Bilder runden das Gesamtpaket ab. Wer Tarantino mag muss diesen Film gesehen haben, alle anderen sollten definitiv einen Blick wagen und sich auf einen der wortgewaltigsten Werke der Geschichte einstellen! 

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