Mittwoch, 28. Mai 2014

Review: Carcinoma

Carcinoma


Krebs, eine der schlimmsten Krankheiten, die der Mensch kennt. Reichlich makaber klingt es, wenn man hört, dass ein Film eben jenes Thema auf äußerst kontroverse Art und Weise verarbeiten möchte. Als bekannt wurde das Regisseur A. Doran sich mit Carcinoma auf eben jenen Weg begeben möchte, wurden sehr schnell Stimmen laut, die dies als geschmacklos und abartig bezeichneten. Lohnt es sich dennoch dem Film eine Chance zu geben, um selbst zu sehen, mit welcher Geschichte er aufwartet? Steckt vielleicht sogar eine Botschaft hinter der geschmacklosen Story? 

Dorian lebt mit seiner Freundin ein erfülltes Leben. Er ist beliebt auf der Arbeit und auch bei den Kolleginnen kommt er gut an. Doch eines Tages spürt er, dass etwas nicht mit ihm stimmt und so beschließt er, sich ärztlichen Rat zu holen. Dabei kommt heraus, dass Dorian an Darmkrebs erkrankt ist und das er schnellstens behandelt werden muss. Nach einer grauenvollen Nacht im Krankenhaus entlässt er sich selbst und lässt seinem Krebs freien Lauf, was in einer wahrhaft abartigen Entwicklung endet.


Die Geschichte hört sich auf dem Papier schon abartig genug an, doch was man dann in fast 90 Minuten von A. Doran und der Crew um die Ohren geworfen bekommt, bedarf schon einem sehr festen Magen, um das Ende zu erreichen. Gleich zu Beginn, als man Zeuge einer ärztlichen Untersuchung von dem, zu dem Zeitpunkt, noch unbekannten Kranken, wird klar, dass der Film keine Gefangenen nimmt. Man sieht einen aufs Übelste zugerichteten Mann, dessen Leiden man förmlich auf seinem Gesicht ablesen kann. Doch damit noch nicht genug, nach der kurzen aber absolut perversen und ekelerregenden Titelsequenz erfährt man als Zuschauer auch, dass der Kranke bereits länger von seiner Erkrankung weiß.

Wieso geht ein solcher Mensch nicht zum Arzt? Was hält einen davon ab? So richtig wird diese Frage im ganzen Film nicht geklärt. Schnell ist aber auch klar, dass es dem Film überhaupt nicht darum geht, eine Antwort auf etwaige Fragen zu liefern. Das Hauptaugenmerk liegt hier auf den wirklich abstoßendsten Szenen, die man seit langem auf der Mattscheibe ertragen musste. Wo Filme wie Melancholie der Engel und Debris Dokumentar schon weit gingen, da legt Carcinoma nochmal einige Schippen oben drauf.

Sei es die bereits angesprochene Titelsequenz, in welcher man einem Finger dabei zuschaut, wie er sich eine riesige Wunde in den Körper reißt und daran herum spielt. Das dürfte für viele schon zu viel des Guten sein. Oder aber eine Peitschenszenen, in welcher das Karzinom auf extremste Art und Weise bearbeitet und dann aufgerissen wird. Hier bleibt nichts unangerührt und selbst die Leute, die vermeintlich viel aushalten können, dürften hier Grenzen erreichen, die sie besser nie entdeckt hätten.


Atmosphärisch schafft es der Film in einigen Szenen, den Terrorfaktor nach oben zu schrauben, wie vorher kein anderer Film des Regisseurs. Besonders im Krankenhaus, als Dorian seine erste Untersuchung hat, muss er und der Zuschauer mit ihm einem kranken Bettnachbarn dabei zuschauen wie er seinen eigenen Kot isst und ihn dabei anschaut, als wäre er der Teufel höchstpersönlich. Allgemein sind die Szenen im Krankenhaus oftmals sehr verstörend und jeder der bereits einmal Patient oder Pfleger war, dem werden dieser Geruch und die Atmosphäre dieses Ortes sofort in die Sinne kommen.

Leider muss man aber auch sagen, dass der Film außer diesen immer ekelhafter werdenden Szenen, recht wenig Schauwerte besitzt. Die Geschichte ist zunächst noch recht schlüssig, verliert sich aber schnell in nichtssagenden Belanglosigkeiten. Immer wieder wird mit verschiedenen Symbolen versucht, Deutungen vom Zuschauer zu erwecken, aber leider schafft der Film es dadurch auch nicht eine Aussage zu machen. Erst kurz vor Schluss, als das Grauen und der Ekel dann vollends den Höhepunkt erreichen, schließt sich der Kreis, wenn auch nicht wirklich viel sinnvoller und man wird mit einem schmutzigen Gefühl zurück gelassen, dass wohl so schnell keinen mehr los lassen wird.


Man mag jetzt sagen, dass viele der Szenen, die einem den Ekel ins Gesicht treiben, nur gute Effektszenen sind, doch wer Melancholie der Engel und Co. bereits kennt, der weiß was ihn hier erwartet. Hier wird einfach so mit voller Kraft geschissen und gekotzt. Körperflüssigkeiten werden mit einer Ignoranz in das eigene Gesicht geschmiert und mit Blut und Kot wird nur so um sich geworfen. Auf Grund der Story, die trotz Inhaltsarmut ein Thema bearbeitet, was einen nicht kalt lassen kann, entsteht eine Atmosphäre die einem förmlich zum kotzen bringt. Gepaart mit den kranken Szenen, die sich in die Netzhaut einbrennen, erschafft Doran hier einen unwirklichen und geschmacklosen Alptraum.

Musikalisch bekommt man Klänge präsentiert, die fast ausnahmslos unpassend wirken und dadurch das ganze Geschehen in eine noch viel schmutzigere Szenerie tauchen. Wenn freudige Kinderlinder angestimmt werden und man anschließend sieht, wie ein Mann im Rennen neben die Kloschlüssel scheißt, dann ist das wahrlich ein Schock für alle Nervenbahnen. Das Lied, welches sowohl am Anfang, kurz vor Schluss und nach dem Abspann gesungen wird, ist sowohl traurig, als auch schockierend. Erneut wird eine freudige Grundstimmung mit einem Text garniert, der einem einen kalten Schauer den Rücken herunter treibt.


Fazit: Carcinoma ist wohl das abartigste und krankste Stück Film, welches mit Geschmacklosigkeiten nur so um sich wirft. Jeder muss selber wissen, ob er sich an dieses Werk herantrauen will oder nicht. Die Machart ist sehr solide, die Darsteller machen wirklich einen hervorragenden Job, denn wer bereit ist eine Darmspiegelung mit Nahaufnahme auf den eigenen Hintern zu drehen, der hat wirklich Mut. Dennoch schafft es die Geschichte nicht zu fesseln, sodass man sich von einer Ekelszenen zur nächsten hangelt und dabei den Druck der Erkrankung wie ein Damokles Schwert über einem spürt. Die Bilder wird man so schnell auf jeden Fall nicht vergessen.

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