Mittwoch, 22. Januar 2014

Review (german): Malacreanza

Malacreanza


Wenn Filmemacher ihrem Stil treu bleiben und dennoch etwas ganz anderes, als in dem Werk zuvor vermitteln, dann weiß man als Filmfan, dass man mit jedem neuen Film auch in eine ganz andere Welt entführt wird. Cosmotropia de Xam, der mit seinem Kunstwerk Diabolique (Review) vor kurzem erst Aufsehen erregen konnte, lässt nur kurze Zeit später sein nächstes Biest auf den Zuschauer los. Schon der Trailer zu Malacreanza zeigt, dass es sich unverkennbar um die Handschrift von Cosmotropia handelt, aber dennoch scheint das Genre ein ganz anderes zu sein. Doch was genau erwartet einen hier und kann er auch hier einen solchen guten Eindruck hinterlassen wie bei Diabolique?

Anna wacht nackt und orientierungslos auf. Wo ist sie nur? Wer hat sie hier hin gebracht? Und wieso ist sie nackt? Auf keine dieser Fragen scheint es eine Antwort zu geben, aber das ist bei weitem noch nicht das Schlimmste mit dem Anna zu kämpfen hat, denn irgendeine Macht scheint Besitz von ihr ergriffen zu haben und kontrolliert jede ihrer Bewegungen. Der wahre Alptraum hat für sie erst begonnen!


Die Geschichte wirkt zunächst deutlich strukturierter als noch bei Diabolique, doch man sollte sich nicht davon täuschen lassen. Denn wenn nach gut 60 Minuten der schwarze Bildschirm auf dem Fernseher zu sehen ist, dann herrscht im Kopf nur eins: Ratlosigkeit. Nachdem mich Diabolique gut 1 Woche lang beschäftigt hat, habe ich mich nun an den neusten Streich von Cosmotropia gewagt. Und wo ich nach dem Ende von Diabolique noch mit einem Wow im Kopf zurück gelassen wurde, da fühl ich mich nach der ersten Sichtung von Malacreanza eher überfahren und erschöpft. Erschöpft von einem wahren Bombardement an Bildern, Klängen und einer Geschichte, die so viele Deutungsmöglichkeiten bietet, dass man gar nicht weiß wo man anfangen soll und wo man aufhören kann.

Wenn man Malacreanza dann überstanden hat und ich denke schon, dass es genug Leute geben wird, die bei dem Versuch kläglich scheitern werden, denn entfalten die einzelnen Szenen erst ihre richtige Wirkung. Sie spuken einem im Kopf herum, wie ein Alptraum der einen Nacht für Nacht quält und nicht in Ruhe lässt. Wie auch Anna, so wird auch der Zuschauer von einer unsichtbaren Kraft in eine unheilvolle und andersartige Welt entführt. Dazu trägt vor allem bei, dass der ganze Film auf italienisch ist und lediglich feste englische Untertitel zu bieten hat. Wer hier weder das eine noch das andere versteht, der wird dem Film nach wenigen Minuten nicht mehr folgen können. Die Sprache an sich, verleiht dem Film aber eine Atmosphäre die ihresgleichen sucht. Besonders die einzelnen Sätze, welche in englischer Sprache auf dem Bildschirm zu lesen sind und auf italienisch vorgelesen werden, haben etwas von einem Zauberspruch, gar von einem Fluch, der über den Zuschauer und die Protagonistin gelegt wird. Gefangen in einer Welt ohne jegliche Zeit muss man versuchen die Puzzlestücke zusammen zu setzen.


Wie schon gesagt, besteht Malacreanza aus einigen Szenen, die sich nach dem Ende zu einem Ganzen zusammensetzen möchten. Um hier nicht allzu viel zu verraten möchte ich an dieser Stelle nur eine einzige davon aufgreifen, welche mich am meisten beeindruckt hat. Dabei handelt es sich um die Transformationsszene. Diesen Namen habe ich ihr gegeben und so wird sie im Film nicht betitelt, aber jeder der den Film gesehen hat, wird wissen auf welche Szene ich hinaus will. Gut 10 Minuten lang wird der Zuschauer mit hypnotischen Bewegungen von Shivabel verzaubert. Unterstrichen werden diese Bewegungen lediglich von einem absolut monotonen Soundtrack und das ist hier nicht negativ, sondern äußerst positiv gemeint. Denn das Zusammenspiel aus Bewegungen, Klängen und der interessanten Farbgestaltung manifestieren vor dem inneren Auge einen wahren Trip der Eindrücke, den man so schnell nicht vergessen kann und wird.

Doch wofür stehen alle diese Szenen? Eine Deutung fällt schwer und wer denkt, dass am Ende doch alles irgendwie Sinn macht, der täuscht sich gewaltig. Das liegt aber einfach daran, dass es eben nicht nur eine Geschichte zu entdecken gibt, sondern mehrere. Nichts ist so wie es zunächst scheint und jeder kann für sich selbst genau das erfahren, was er selber will. Richtig und Falsch gibt es hier nicht. Und ein Mindfuck ist immer nur so stark, wie es der Zuschauer selber zulässt. Wer sich mit Filmanalysen und Bildersprache auskennt, dem wird es sicherlich nicht schwer fallen, Seiten mit den möglichen Deutungsmöglichkeiten zu füllen, ohne wirklich alle Geschichten zu entdecken. Ein Film der davon lebt erlebt zu werden. Wo Diabolique einen noch fallen lies, da schmeißt einen Malacreanza immer wieder aufs Neue zurück auf den Boden, hält einen Fest und verlangt von einem sich alles erneut durch den Kopf gehen zu lassen. Als kleiner Tipp von mir an dieser Stelle sei noch gesagt, dass es sich lohnt den Film nicht bei Beginn des Abspannes auszuschalten, denn was dann kommt, könnte einen ganz neuen Blickwinkel auf die Geschichte eröffnen.



Fazit: Malacreanza ist so viel mehr als 1 simpler Film. Er ist eine Aneinanderreihung von Szenen, die für sich gesehen wie das Werk eines verrückten Künstlers wirken, doch wer die Sprache der Bilder und die Bedeutung des Gezeigten zu Deuten gewillt ist, der wird etwas Einzigartiges und Besonderes finden, wie man es vielleicht nur aus den Werken von Lynch kennt. An dieser Stelle muss aber noch kurz gesagt werden, dass alle die, die Diabolique schon für unverständlich gehalten haben, hier etwas finden werden, dass sie nie verstehen werden. Ein Film der so viele mögliche Genre vereint und doch auf keines festgenagelt werden kann. Anschauen auf eigene Gefahr und nur wenn man bereit ist, sich wirklich Gedanken über das Gezeigte zu machen. Wer sich darauf allerdings einlassen kann und will, den wird dieser Film wohl nie wieder los lassen!


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