Donnerstag, 29. August 2013

Review: Necrophile Passion

Necrophile Passion 


Nekrophilie, ein Thema welches eine ungemeine Brisanz bietet. Allein die Vorstellungen, dass ein Mensch eine Beziehung bzw. den Geschlechtsakt mit einer Leiche vollzieht dürfte wohl niemanden kalt lassen. Als Jörg Buttgereit damals, 1987, mit seinem Film Nekromantik auch dieses Tabu gebrochen hat, ging ein Aufschrei los. Wie kann man so etwas nur zeigen? Nun ganze 26 Jahre später macht sich ein neuer Regisseur daran diese Thematik erneut zu verfilmen. Tom Heidenberg heißt der bisher unbekannte Kopf hinter diesem Werk. Doch was erwartet einen mit Necrophile Passion? Ein simples Remake von Nekromantik oder werden hier die Grenzen des guten Geschmacks noch weiter gedehnt, als man es sich als Filmfan wünschen würde?



Ein Mann wandert gedankenverloren durch einen Wald, als er plötzlich eine Leiche entdeckt. Hin und her gerissen entschließt er sich die Leiche mit zunehmen und an ihr seine Lust zu stillen. Doch das ist erst der Beginn eines Teufelskreises der unweigerlich in Tod und der Zerstörung enden muss.

Die Geschichte von Necrophile Passion wirkt zunächst recht dünn, entfaltet aber schon nach wenigen Minuten eine immense Anspannung beim Zuschauer. Der Hauptdarsteller, der wie alle Charaktere namenslos bleibt, steht vor den Scherben seines Lebens. Die Freundin hat ihn verlassen, sein Leben ist am Ende und sein kompletter Lebensmut wurde ihm geraubt. Genauso lethargisch wie der Hauptdarsteller, fühlt sich nach wenigen Minuten auch der Zuschauer. Gebannt beobachtet man das Treiben und versucht sich immer wieder den qualvollen Bildern zu entziehen, doch es gelingt einem nicht und so wird man zu einem Voyeur der sich genauso verdorben fühlt, wie die Leiche, an derer der Hauptdarsteller seine Lust stillt. Necrophile Passion ist wirklich ein schweres Werk und wenn man bedenkt das der Regisseur vorher noch keinen Film gedreht hat, ist dies wirklich eine sehr große Leistung. Die Kraftlosigkeit und das Gefühl, man hätte jegliche Lust verloren, konnten vorher nur die wirklich außergewöhnlichen Werke von Jörg Buttgereit (Todesking) erwecken. Doch genau das schafft Tom Heidenberg auch hier, mit seinem Einstandswerk. Immer wieder versucht der Film dem Zuschauer den Boden unter den Füßen wegzureißen, seien es die interessanten Erinnerungen des Hauptdarstellers, aus dessen Kindheit. Und wenn man sich diese so ansieht, dann ist es nicht sehr verwunderlich, dass der Charakter so geworden ist. Zudem wirft der Regisseur uns immer, fast experimentell wirkende Szenen vor, z.B. als der Fernseher beginnt mit dem Charakter, bzw. dem Zuschauer direkt zu sprechen. Man fühlt sich ertappt, gefangen und verängstigt. Und spätestens wenn der Abspann läuft und man vorher von einer Frauenstimme die Frage gestellt bekommt, was denn die eigene Passion sein, muss man sich genau diese Frage unweigerlich stellen. Die Bestie Mensch!!!



Ein ganz großes Lob muss man an dieser Stelle den Schauspielern aussprechen. Allen voran natürlich Günther Brandl, der ja zusammen mit seinen Geschwistern selber Filme macht (Deep in my Mind, Feuerrose, Matzeder, Hot Dreams,…). Dieser spielt die Rolle des lethargischen, traurigen und verstörten Mannes, als wäre diese ihm auf den Leib geschneidert worden. Seine Mimik schafft es, den Zuschauer fast in einen Spiegel schauen zu lassen, denn immer wieder fühlt auch der Zuschauer sich genau so, wie eben jener Mann der gedankenverloren versucht sein Leben doch noch zu retten und diesem einen Sinn zu geben. Die weiblichen Darsteller sind allerdings nicht weniger ausdrucksstark. Besonders Eldrid Remy, die die Freundin des Mannes spielt, erzeugt besonders im männlichen Zuschauer eine fast zerstörerische Wut, denn sie behandelt den Mann wie den letzten Dreck. Hier hat man es wirklich geschafft, die heikle Thematik an Hand der grandiosen Schauspielerleistung noch weiter zu unterstreichen.

Kameratechnisch wird man hier mit wundervollen langsamen Einstellungen verwöhnt, die immer voll drauf halten und das Geschehen zu jederzeit ungeschönt und eindrucksstark einfangen können. Seien es die Szenen in denen die Nekrophilie in vollen Zügen ausgelebt werden, oder aber die Gedanken in denen Mann sich an die Anfangszeit der Beziehung zwischen den beiden, nun verhassten Menschen besinnt. Alles wirkt fast wie ein Traum, der zweifelsohne sehr abartig und krank, auf der anderen Seite aber auch verspielt und interessant gestaltet wurde. Immer wieder wird man in Traumhafte Szenerien gelotst, um dann heraus gerissen zu werden, wenn beispielsweise der Mann unter der Dusche steht und versucht sich sein Blut abzuwaschen, denn mit einem Mal befindet er sich in einem Wald und wird von einem bewaffneten Mann gejagd. Was soll das? Wovor flüchtet er? Vor der Schuld, die er sich durch die Nekrophilie auferlegt hat? Flieht dann nicht auch unweigerlich der Zuschauer vor dem Grauen, welchem er voyeuristisch beigewohnt hat? Genau solche Szenen sind es die den Film zu etwas besonderem machen und ihm eine ganz besondere Wirkung verleihen.

Atmosphärisch bekommt man hier, wie man sich sicherlich schon denken kann, einiges geboten und das kann man eigentlich nur zwei Menschen verdanken. Einmal natürlich dem Regisseur und dem Musik Komponist René Bidmon, welcher hier genau wie der Regisseur seinen Einstand gibt. Und was für ein Einstand das geworden ist. Die Musik von René Bidmon gibt dem Film eine ganz eigene Note und genau dadurch wird das Geschehen, was vorher zwar auch schon verstörend genug war, noch den letzten Schliff. Die Musik allein wäre es schon wert, mehrere Seiten darüber zu schreiben, denn sie lädt einen förmlich dazu ein, seine Gedanken schweifen zu lassen und sich mit der Thematik zu beschäftigen. Fast der gesamte Film wird mit dem grandiosen Score aus der Feder Bidmons untermalt. Die ersten 10 Minuten hört man außer den orchestralen Klängen absolut nichts und genau das ist es, was das Gezeigte fast unerträglich für den Zuschauer macht. Es gibt nichts, was einem aus dem Treiben reizt, wodurch man quasi gezwungen ist, den Abartigkeiten des Mannes an der Leiche beizuwohnen. Doch wer das schon für unerträglich erachtet, der wird mit weiterem Verlauf des Filmes eines besseren belehrts. Der Score wächst immer mehr an, um dann in einem fast technolastigen Abspann zu enden und den Zuschauer von den Qualen zu erlösen. Man kann nur hoffen, dass das nicht die letzte Arbeit von René Bidmon gewesen sein wird, denn hier versteckt sich ein wahres Genie, was es schafft jeder Szenen noch das Tüpfelchen auf dem i zu verleihen.



Die Effekte von Necrophile Passion sind zu guter Letzt genau so geworden, wie man es bei diesem Werk nur erwarten kann. Grandios. Die Leichen, denn es gibt derer zwei, sind wunderschön gestaltet. Die erste ist natürlich kein Effekt an sich, denn es handelt sich um eine unverweste Leiche, welche von einer Frau dargestellt wird. Die zweite Leiche hingegen wurde aufwendig hergestellt und wirkt dadurch wirklich echt. Besonders die Nekrophilie Szenen profitieren natürlich sehr davon und können dadurch umso mehr anekeln und zeitgleich auch, durch die wunderschönen Bilder, verzaubern. Ein krankes Spiel zwischen Ekel und Leidenschaft. Immer wieder sieht man auch kleinere Verletzungen die natürlich auch sehr schön umgesetzt worden sind, um dem ganzen noch ein wenig mehr Rohheit zu geben, wurden diese Einstellung mittels Close-Up umgesetzt, sodass man das verletzte Fleisch ganz nah und ungeschönt sehen kann.

Abschließend sollte man noch kurz etwas zu Laufzeit sagen, denn der Film an sich läuft ca. 51 Minuten, was dem einen jetzt vielleicht ein wenig kurz vorkommen könnte, dürfte für den anderen mehr als genug sein. Denn der Film schafft es die Laufzeit so zu dehnen, dass man denkt er würde schon gut 20-30 Minuten länger laufen, ohne sich dabei aber zu langweilen. Dies wird anhand des tollen Scores und den albtraumhaften Bildern geschaffen, denn der Zuschauer verliert sich in dieser Welt, wird gefangen genommen und erst der Abspann erlöst ihn daraus. Dadurch dürfte es wohl keinen geben, der nach der Sichtung denkt, dass der Film zu kurz war. Zudem gibt es eben auch keinerlei Leerlauf, man kommt sich fast vor wie in einem Marathon der Gefühle, bei welchem man am Ende ausgelaugt und kraftlos ist.


Fazit: Necrophile Passion ist ein Werk geworden, wie vor ihm wohl kaum ein anderes. Verstörend, ergreifend, fesselnd und einfach anders. Für Fans des Experimentellen Kinos und für alle die, die ihre Grenzen ausloten wollen, ist dieser Film ein absolutes Muss! Anschauen, ekeln und verzaubern lassen.



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